Apfelessig Teil 2 - Anleitung
mit Tipps & Tricks für die Essigherstellung
Im 1.
Teil habe ich über
meine ersten
Versuche bei der Herstellung von
Apfelessig berichtet. In diesem 2. Kapitel habe ich nun alle meine
selbst gemachten Erfahrungen zu einer ausführlichen
Anleitung zusammengefasst. Starten Sie doch einfach selbst einen
Versuch und machen Sie Ihren eigenen Essig! Für die ersten
Versuche brauchen Sie nur wenig Utensilien:
- ein Glasgefäß, z.B.
eine bauchige Flasche, Einmachglas, Gurkenglas o.ä. mit mind.
3-5 l Volumen.
Breite Gärgefäße sind besser als schmale und hohe, da bei einer größeren Oberfläche mehr Sauerstoff an den späteren Essigansatz herankommt. Zudem kann es bei Flaschen mit schmaler Öffnung schwierig sein, eine dicke Schicht Essigmutter aus der Flasche herauszubekommen. - ein Baumwolltuch,
z.B. Geschirrtuch, Mulltuch, Taschentuch zum Abdecken gegen
Essigfliegen u.a.
- ein Gummiband zum Fixieren der Abdeckung
- 1 Liter frisch gepressten Apfelsaft/Süßmost (für den Grundwein, zur Anzucht der Essigmutter).
- Apfelwein
(Most) für die weitere Essigproduktion.
Der Apfelwein sollte nicht oder nur wenig geschwefelt sein, da dies die Essigbakterien schwächt und die Umwandlung von Alkohol in Essigsäure stark verzögert oder sogar ganz verhindert. Leider ist jeder im Handel erhältliche Apfelwein mehr oder weniger stark geschwefelt. Wenn Sie wie ich auf dem Land wohnen, fällt es Ihnen aber vielleicht nicht allzu schwer, jemanden zu finden der seinen eigenen Most macht und Ihnen ein paar Liter davon abgibt. Mit geschwefelten Weinen aus dem Handel habe ich noch keine Erfahrungen gemacht.
Füllen Sie mindestens einen Liter frischen,
kaltgepressten
Apfelsaft (Süßmost) in ein sauber
ausgespültes Glasgefäß mit großer
Öffnung und etwa 3-5 Liter Volumen. Damit
genügend
Sauerstoff an den Ansatz kommt und auch um Essigfliegen u.a.
abzuhalten, decken Sie das Gefäß nur mit einem
leichten Tuch
ab und
fixieren die Abdeckung mit einem Gummiring. Stellen Sie das Glas am
besten gleich an einem warmen Ort auf (Tipp: Heizungskeller). Der
Most fängt nach wenigen Tagen an zu
gären, d.h. der im Saft enthaltene Zucker wird durch die sich
vermehrenden Hefepilze in Alkohol umgewandelt, es entsteht der
Apfel-Grundwein für Ihre beginnende Essigproduktion.
2.Die Anzucht der Essigmutter
Wenn man soviel Glück hat wie ich bei meinem ersten Versuch,
siedeln
sich auch bald die Alkohol und Wärme liebenden
Essigbakterien an und verarbeiten den entstandenen Alkohol zu
Essig. Wichtig bei der Essigherstellung sind vor allem konstante
Temperaturen von mindestens 23-27°C, ideal wären sogar
25-30°C. Bei mir standen die
Gärgefäße deshalb im
Heizungskeller auf der Heizung. Wenn nach 2-4 Wochen der Ansatz
vielleicht
etwas seltsam riecht, ähnlich wie Uhu oder
Aceton, braucht Sie das aber nicht weiter zu beunruhigen:
Es sind nur die Anzeichen dafür, dass bereits Essigbakterien
aktiv und
bei der Arbeit sind. Mit Fortschreiten der
Essiggärung
verschwindet auch der Geruch. Wenn alles nach Plan
verläuft,
wird sich auf Ihrem Ansatz bald eine Art Haut
bilden, die ersehnte Essigmutter.
Man darf aber, vor allem zu Beginn, nicht gleich die Geduld
verlieren. Nicht immer und nicht überall schwirren
genügend
"gute" Essigbakterien in der Luft herum, um den Ansatz zügig
zu
besiedeln und den Alkohol in Essig umzuwandeln. Wer auf dem Land lebt
ist dabei klar im Vorteil!
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Foto 1 -3:
Auf dem Ansatz bildet
sich eine klare, dünne Haut, die Essigmutter. Diese wird mit
der
Zeit immer fester, undurchsichtiger und dicker. siehe Foto Kapitel 1
3.Vergrößern
des Ansatzes
Mit
nur einem Liter Essig werden
Sie sich doch sicher nicht zufrieden geben? Wenn sich eine
Essigmutter gebildet hat und der Ansatz auch schon nach Essig riecht
und
schmeckt, kann man die Fabrikation
allmählich starten und die "alkoholabhängigen"
Essigbakterien
mit weiterem "Stoff"
versorgen. Gießen Sie dazu einen
Liter Apfelwein vorsichtig in Ihr Gefäß, damit die
Essigmutter möglichst nicht absinkt, falls das aber doch
geschieht,
ist
es kein Beinbruch. Eine große und schwere
Essigmutter
sinkt auch gelegentlich von selbst ab, das lässt sich nicht
vermeiden, sie
bildet sich dann an der Oberfläche wieder neu, denn
dort kommen die Essigbakterien an den nötigen
Sauerstoff heran. Man
nennt diese Methode der heimischen Essigherstellung deshalb auch offene
Gärung,
Oberflächenverfahren
oder Orleáns-Verfahren.
Bei der
industriellen Essigherstellung wird heute hauptsächlich das Submersverfahren
angewendet,
bei diesem Verfahren dauert der Herstellungsprozess nur noch 24
Stunden. Dabei
findet die Essiggärung in verschlossenen Gärtanks
statt, in die kontinuierlich Sauerstoff in Form feinster
Luftbläschen eingeleitet wird. Die Essigbakterien werden so
optimal mit dem für die Gärung notwendigen Sauerstoff
versorgt. Durch
die ständige Bewegung werden sie in der Schwebe gehalten und
bilden keine
feste Essigmutter aus.
Wenn
alles gut verläuft und der erste Alkohol schon gut vergoren
wurde, füllt man nach zwei Wochen wieder
mit einem weiteren Liter Most auf, nach weiteren zwei
Wochen
nochmal. Das Gefäß sollte aber nur zu 2/3
gefüllt werden,
damit die Oberfläche des Essigs möglichst
groß ist und ein ausreichender Luftraum verbleibt. Nun
überlässt man diesen
Ansatz in Ruhe sich selbst - schnüffeln und kontrollieren ist
aber
erlaubt!
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4. Abfüllen und Lagern
Nach
etwa 3-6 Monaten kann ein Teil des Essigs abgezogen und nach dem
Filtern (Kaffefilter) in
Flaschen
abfüllt werden. Wann es soweit ist, muss man durch
gelegentliches
Probieren selbst herausfinden. Man lagert nun diesen Rohessig
noch einige Wochen verschlossen, kühl und
dunkel. Durch die Lagerung klärt sich der Essig und der
Geschmack reift aus. Nach dieser Zwischenlagerung wird der
Essig nochmals gefiltert und zur
endgültigen Verwendung in schöne Flaschen
abgefüllt.
5. Die
Produktion in Gang halten
Man
belässt einen Teil des Essigs mit Essigmutter im
Ansatzgefäß, füllt wieder Apfelmost nach
und macht
weiter, wie oben unter Punkt 3 beschrieben. Auf diese Weise kann man
die
Essigherstellung bis zur gewünschten Endmenge fortsetzen. Bei
richtiger Pflege, das heißt bei gleichbleibend warmer
Temperatur, regelmäßiger Entnahme von Essig und
Zufuhr
von neuem Wein, kann eine solche Kultur während vieler Jahre
am Leben erhalten werden und liefert kontinuierlich Essig. Wenn die
Essigmutter groß genug ist, kann man sie auch teilen und
für
neue Ansätze verwenden oder an Freunde weitergeben.. Will man
mit
der Essigherstellung kurzfristig pausieren, kann man versuchen, die
Essigmutter in
etwas Essig und Apfelwein kühl und dunkel bei 10-15° C
einige
Zeit zu lagern. Die Essigbakterien stellen dabei
vorübergehend ihre Arbeit ein, sterben aber nicht
vollständig
ab. Zum Aktivieren legt man die Essigmutter in neuen Apfelwein
und
stellt den Behälter wieder ins Warme. Wenn noch
genügend
aktive Essigbakterien vorhanden sind, nimmt die Essigmutter nach
einiger Zeit ihre Arbeit wieder auf.
Einen
Wermutstropfen gibt es aber: Essig
selbst zu machen ist nichts für
Ungeduldige! Die Essigbildung verläuft oftmals sehr langsam
und es
kann
viele Wochen dauern, bis der erste eigene Essig fertig im
Küchenschrank steht. Wenn aber erst einmal alles in Schwung
gekommen ist, steht der
häuslichen Essigproduktion nichts mehr im Wege. Ich
wünsche allen
Hobby-Essigproduzenten viel Erfolg und ein gutes
Gelingen!
Seitenanfang
Ansatz
starten mit vorhandener Essigmutter
Falls
Ihnen vielleicht ein guter Freund eine Essigmutter geschenkt hat,
können Sie Schritt
1 "Herstellung des Grundweins",
überspringen und gleich mit der
eigentlichen
Essigherstellung beginnen. Legen Sie dazu die Essigmutter in das
Ansatzgefäß und geben Sie zunächst einen
Liter Most
(Apfelwein) dazu. Wenn Sie eine Essigmutter von Weinessig erhalten
haben, geben Sie diese entsprechend entweder in trockenen
Weiß-
oder Rotwein. Da Traubenwein einen Alkoholgehalt zwischen
9-13%
vol. hat, muss der Wein u. U. vorher mit Wasser auf ca. 7-8% vol.
verdünnt werden. Die Essigbakterien vertragen einen zu hohen
Alkoholgehalt
nämlich
nicht, er sollte, zumindest bei unserer häuslichen
Essigproduktion, möglichst unter 10% liegen.
In
diesem Bereich arbeiten die Essigbakterien am Besten.
Beispiel
für
das Mischungsverhältnis bei einem Wein mit 12%
vol.:
625 ml Wein mit 375 ml Wasser vermischt ergibt 1 Liter Wein mit ca.
7,5% vol.
Das Wasser zum Verdünnen sollte vorher abgekocht und wieder
auf
ca. 25° C abgekühlt werden. Durch das
Verdünnen wird auch
der
Schwefelgehalt herabgesetzt, außerdem wird der Essig
nicht zu sauer.
Apfelwein muss man nicht verdünnen, da er nur zwischen 5-7 %
vol.
Alkohol enthält.
Wenn dieser erste Ansatz nun zu Essig geworden ist, machen
Sie
weiter wie oben in
Kapitel 5
"Die Produktion in Gang halten" beschrieben.
Eine Essigmutter wird
manchmal auch bei Auktionen, z.B. bei ebay oder auvito,
angeboten. Man kann es natürlich
auch mit
den sog. Starterkulturen versuchen und
geht dann laut der beiliegenden Anleitung vor. Diese flüssigen
und
in kleinen Fläschchen angebotenen Essigkulturen stammen aus
der Submers-Produktion
und bilden gewöhnlich keine
feste Essigmutter aus. Ich
selbst habe mit diesen Starterkulturen aber noch keine eigenen
Erfahrungen gemacht, einen Versuch ist es aber sicher wert.
Nützliches
Zubehör für die Essigherstellung
Bei meiner Suche im Internet habe ich einen schönen Shop
gefunden
(www.rekru.de),
der hilfreiches Zubehör für die Wein-
und
Essigherstellung
anbietet. Es gibt dort Weithals-Glasballons - ideal als
Ansatzbehälter für die
Essigherstellung, auch die
flüssige Starterkultur ist im Angebot. Besonders ein
spezieller Glasbehälter
mit Gestell und Ablauf hat
es mir angetan, den möchte ich zu gerne haben. Es gibt ihn in
Größen von 5-20 Litern, für meine kleine
Essigproduktion ist der 5 l-Behälter genau richtig.
Ich
werde ihn
auf meine Wunschliste für Geburtstag oder Weihnachten setzen,
vielleicht macht mir ja jemand die Freude...
Dezember
2009
Der ersehnte Behälter lag
tatsächlich unter dem Weihnachtsbaum. Danke, lieber
Weihnachtsmann!
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